Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##The Suck
So nennt James Poniewozik den Effekt, der entsteht, wenn Netflix oder Amazon ihre eigenen Serien nicht in Einzelfolgen Woche für Woche ins Netz stellen, sondern die gesamte Staffel zu einem bestimmten Zeitpunkt onlinen. Poniewoziks These: Streaming ist nicht nur eine neue Art des Fernsehens, es mündet in einem neuen Genre, The Suck. Das ist sowas wie Binge Watching 2.0. Eine Serie mehr oder weniger ohne Unterbrechung zu schauen, das geht schon seit der Erfindung der DVD. Bei Netflix und Amazon werden die Geschichten aber anders erzählt, sind darauf angelegt, dass man sie „am Stück“ schaut. So soll das Publikum noch stärker in die Geschichte hineingezogen werden. Streaming ist kein Fernsehen mehr, sondern eher wie ein Roman. Ein Roman, der vermehrt genau dann veröffentlicht wird, wenn andere „Verlage“ (Fernsehsender) unter gar keinen Umständen Neuheiten anbieten würden. Am Wochenende, zu Feiertagen. Poniewoziks Text ist aus vielerlei Gründen lesenswert. Weil er Mechaniken des traditionellen TVs erklärt, sich jedoch vor allem ernsthaft und nachvollziehbar mit der Methodik der neuen Sender auseinandersetzt. Dass die uns auch in Zukunft vermehrt bespielen werden, scheint klar.
„Streaming ist wie ein Multiplex-Kino, in dem in jedem Saal "The Mahabharata" läuft. Es fordert Engagement. Und bekommt es auch.“
Streaming TV Isn't Just A New Way To Watch. It's A New Genre
##Das postpolitische Trumpeltier
Milliardäre, die sich zur Präsidentschaftswahl stellen, kennt man in den USA. Ross Perot ging 1996 mit knapp neun Prozent unter. Er hatte dafür eine eigene „Partei“ auf den Markt geworfen, die „Reform Party“. Deren ehemaliger Befürworter und Unterstützer Donald Trump wird, danach sieht es derzeit jedenfalls aus, die deutlich robusteren Republikaner im nächsten Wahlkampf vertreten. Jeb Bush scheint, obwohl er schon jetzt über 100 Millionen Dollar (Spitzenreiter) in den Vorwahlkampf geblasen hat, mehr oder weniger aus dem Rennen. Cruz, Santorum, Huckabee – alle bleiben dunkel im Schatten des Trump´schen Irrlichts aus Rassismus, Neoliberalismus und Nonsens. Den Demokraten könnte nichts Besseres passieren, vermutet Andreas Busche.
„Nicht nur wegen seiner sprunghaften Meinungswechsel hinsichtlich des amerikanischen Steuer- und Gesundheitssystems nannte die New York Times Trump kürzlich den „ersten Postpolitik-Kandidaten“ für das Amt des US-Präsidenten.“
##What Can A Technologist Do About Climate Change?
Der amerikanische Interface-Designer Bret Victor stellt sich in seinem umfangreichen Essay über Technologen und Klimawandel die essentielle Frage. Welchen Beitrag sollte oder kann die Start-up-Community in Bezug auf den immer drastischer werdenden Klimawandel leisten? Ist es überhaupt möglich, dass solch eine Community politisch aktiv werden kann?
“How do you think the tech community (startup community, or any community) can contribute to tech and/or policy solutions on a global scale?”
Höher, weiter, Springer
Neulich auf dem Hermannplatz: „Hallo, ich bin unterwegs für die Bild am Sonntag. Angela Merkel wurde gerade von der Times zur Person des Jahres gekürt. Nun wollte ich Sie fragen…“ „Nein, tut mir leid. Nicht für Springer-Presse.“ Als Journalist ist man hier in der Pflicht, Haltung zu zeigen. Rein wirtschaftlich geht die Axel Springer AG allerdings als Vorzeigeunternehmen durch, das gerade massiv expandiert und investiert – insbesondere im englischsprachigen Raum. Das ist auch der Aufhänger der durchaus lesenswerten Reportage über die Axel Springer AG und die Strategie von CEO Mathias Döpfner in der New York Times.
„Such minority investments in the United States market, made directly or in partnership with venture capital funds, “give us a foot in the door and a seat at the table with these companies,” Mr. Müffelmann said. “Then, as we see them growing, we increase our shares.“
An Old-Media Empire, Axel Springer Reboots for the Digital Age