Plattenkritik: Tolouse Low Trax - s/t2 x neu, 2 x Remix, 4 x super
26.5.2014 • Sounds – Text: Thaddeus HerrmannDetlef Weinrich lässt es wieder bitzeln.
Zwei Jahre ist es mittlerweile her, seit Tolouse Low Trax - unter diesem Namen veröffentlicht Detlef Weinrich besonders gern - zum letzten Mal zugeschlagen hat. „Jeidem Fall“ hieß das Album auf dem Berliner Label Karaoke Kalk. Jetzt tröpfelt in einer homöopathisch dosierten 12“ neues Material in unsere Richtung. Ein Blick in die Zukunft und auf die Vergangenheit zugleich.
Denn die A-Seite ruft uns zunächst eben jenes Album durch zwei Remixe in Erinnerung. Und die haben es in sich. Miles Whittaker, Sound-Tüftler, erfolgreicher Solo-Künstler und eine Hälfte des Duos Demdike Stare beackert das Stück „Sussing“ und vergewandet den Track sehr elegant zurück in die frühen 80er-Jahre, als von einer kleinen, aber sehr lebendigen Szene in Großbritannien Bassdrums noch handmoduliert wurden. Throbbing Gristle gehörten damals dazu, der Chef von Mute Records, Daniel Miller, ebenfalls. Eine Zeit, in der an den zahlreichen Kreiverkehren in UK tatsächlich noch Entscheidungen getroffen wurden, nachdem man gemeinsam ein paar Runden gedreht hatte. Großes Flirren, tiefe Repetition, ein magischer Kreisel. Whittaker greift dieses Gefühl von damals auf und zerrt es bedingungslos in die Jetztzeit.
Wolf Müller - genau wie Weinrich überzeugter Düsseldorfer - dreht im zweiten Remix an einem ganz anderen Rad. Sein Mix von „Jeidem Fall“ klopft trocken, behutsam und doch extrem im gleißenden Groove. Vocals wie Mücken, Kongas wie druffe Erdmännchen während der Paarungszeit.
Und dann drehen wir um. Und widmen uns den neuen Tracks.
Eine Bassline zum reinlegen.
Denn auch Weinrich versteht offenbar etwas von der Zeit, in der Miles Whittaker schon seinen Remix verortet hat. „Vineland“ lebt von einer sehr ähnlichen Ästhetik, einem klaren Fokus auf die tiefen Frequenzen im verrauschten Bass und klingt herrlichst nostalgisch. So nostalgisch, dass es schon fast wieder ein Hinweis auf die Zukunft sein könnte. Das hängt an den beiden Hauptzutaten des ohnehin sehr reduzierten Tracks. Der schon erwähnte Bass und auch die durch alle Lautsprecher der Ewigkeit gehauchte Essenz der besten Motivationstrainerin aller Zeiten.
Was fehlt einer solch feinen Platte schlussendlich noch? Genau, die Barock-Perücke. Der verwirrend-wuschige Track „Eisenbahnzunge“ zeigt Toulouse Low Trax am digitalen Spinett, verheddert in der anfälligen Mechanik des Instruments. Früher nannte man das reparaturbedürftig, heute einen Loop. Und in genau dem befinden wir uns, seit sich diese Tracks für uns drehen.
Tolouse Low Trax, s/t, ist auf Karaoke Kalk erschienen.
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