Review: Wie klingen die Kopfhörer von Teufel?Devil Dancing: Move BT und Mute BT
29.5.2017 • Technik & Wissen – Text & Fotos: Thaddeus HerrmannBei Teufel wirbt man mit ausgefeilter und doch preiswerter Audiotechnik. Vor allem HiFi-Lautsprecher und Heimkino-Systeme stehen mittlerweile weltweit in den Wohnzimmern. Doch die Berliner Firma hat auch ein eigenes Multiroom-System am Start, Bluetooth-Lautsprecher und Kopfhörer. Zwei der letzteren nehmen wir unter die Lupe: einmal groß, mit Bügel und Geräuschunterdrückung, einmal klein fürs Innenohr – beide kabellos.
Der teuerste Kopfhörer, den ich bislang ausprobieren konnte, war gar keiner. Es waren InEars von AKG – Jahre her, handgedrechselt und mit original Wiener Feenstaub bei Vollmond vom Membran-Schamanen eingepinselt – für rund 1.000 Euro. Das war damals – es muss 2011 gewesen sein – eine fast schon unanständige Ansage, die aber bis heute nachhallt. Ohrstöpsel für 1.000 Euro? Für das Telefon? Warum zum Teufel (ha!)?
Wir hatten ja allesamt keine Ahnung.
Auch wenn diese AKGs damals kaum mehr als eine Machbarkeitsstudie waren: Die vergangenen Jahre haben bewiesen, dass unser schludriges Umgehen mit der Musik eine Gegenbewegung in Gang gesetzt hat, die beim Vinyl anfängt und bei teuren Kopfhörern aufhört. Wir streamen in immer besser werdender Qualität über LTE, nehmen nicht mehr hin, dass der Berufsverkehr lauthals beim Adagio reingrätscht, während wir an der Ampel warten und Kabel sind ohnehin tot. Darüber freut sich die HiFi-Industrie ungemein. Weil es bedeutet, plötzlich Zubehör – Kopfhörer – zu Preisen anbieten zu können, von denen man nur wenige Jahre zuvor nicht zu träumen gewagt hätte. Dabei wurde aber auch viel Technik ausreichend erprobt, die es anderen Herstellern nun erlaubt, den Markt von hinten neu aufzurollen. Wenn man denn laut genug ist, um sich Gehör zu verschaffen im immer schlimmer werdenden Stau auf der Kopfhörer-Autobahn. Teufel kann laut.
Teufel, das sind die mit dem T auf den Ohrmuscheln und somit schon per se eine Style-Alternative für alle, denen das B zu blöd ist. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn Teufel kommt aus Berlin. Eine gut gemeinte Hacker-Bude, die 1979 begann, Lautsprecher als Selbstbau-Kits zu verkaufen, irgendwann auch vormontierte, das Internet für sich entdeckte und mittlerweile ein etablierter Player auf dem HiFi-Markt ist: Speaker und Heimkino, und weil es die Gegenwart eben verlangt auch Multiroom, Gaming und drahtlos. Convenience-Produkte, ohne die man im HiFi-Segment so staubig wirkt wie der Saloon in Dodge City. Wyatt Earp hätte Teufel geliebt.
Weil: Teufel sind die, die mit Panzerwagen auf die IFA fahren und im Sommergarten des Berliner Messegeländes laut drehen. Auch das Marketing – die Sprüche und der Look – ist laut und schon eher was für Männer, die es laut mögen. Es wird Gründe geben, warum man sich für diesen Weg entschieden hat, nötig hätten es die Berliner eigentlich nicht. Denn die Produkte sind gut. Und dabei eben nicht so hochpreisig wie die vieler Mitbewerber. Da sind wir wieder bei den Kopfhörern.
Von denen hatte ich bislang noch keine auf bzw. in den Ohren. Reiner Zufall und keine Absicht. Und weil auch ich Kabel nicht mehr mag und beim Adagio auf der Kreuzung gerne das Adagio und nicht den Laster höre, soll es jetzt um den Move BT und den Mute BT gehen, Bluetooth-InEars für 120 Euro und einen ebenfalls mit Bluetooth funktionierenden Bügel-Kopfhörer samt aktiver Geräuschunterdrückung.
Move BT
Schon seit ein paar Monaten sind die BeatsX meine InEars der Wahl. Ich bin auch nach wie vor sehr zufrieden. Sitzen gut, klingen gut, halten gut durch. Größter Vorteil der BeatsX: Es gibt keine Verbindungsabbrüche, der W1-Chip von Apple leistet ordentliche Arbeit. Die BeatsX kosten aktuell rund 120 Euro, genau die UVP des Move BT also, der aber zumindest auf dem Papier die Beats-Konkurrenz nach Punkten klar aussticht: Gehäuse aus Aluminium, Spritzwasser- und Staubschutz und eine Akkulaufzeit von bis zu 20 Stunden, alles untergebracht in 20 Gramm Gewicht.
Auch wenn Teufel beim Move BT auf die kleinen Halte-Flügelchen verzichtet, passen schon die ersten Silikon-Pfropfen genau in meine Ohren. Das ist natürlich Zufall, erspart mir aber das Rumprobieren mit anderen Größen, insgesamt sechs Sets sind dabei. Das Koppeln mit dem iPhone geht schnell und unkompliziert – dann kommt die Musik.
Ein akzentuiertes Kicken, gepaart mit glasklaren und detailreichen Höhen ohne Klirr-Stress.
Was mir hier entgegenschallt, gefällt ausgesprochen gut. Ich bin niemand, der die Daumen-hoch/Daumen-runter-Entscheidung an Hand des Bass-Volumens trifft. Das funktioniert bei Ohrstöpseln eh nicht und außerdem interessiert mich dieser Frequenzbereich nicht besonders. Ein sanftes Kicken reicht mir vollkommen. Teufel nennt seinen Bass tatsächlich „Kickbass“, und das ist sehr zutreffend. Kein Dröhnen, kein Zusumpfen, vielmehr ein akzentuiertes Kicken. Die viel größere Überraschung sind allerdings die Höhen, die glasklar und detailreich transportiert werden, ohne dabei klirrend zu stressen – wenn man die Lautstärke im Zaum hält. Aber das gilt wiederum für alle InEars. Und der Move BT kann sehr, sehr laut werden. Zum Glück ist das dank guter Silikon-Abschirmung gar nicht nötig. In Sachen Klang ist der Move BT eine wirklich positive Überraschung.
Doch es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Natürlich funkt im Move BT nicht der W1 von Apple, was in Verbindung mit meinem iPhone 7 Plus des öfteren zu Verbindungsabbrüchen, also kurzen Dropouts führte. Da ist es wieder, das alte Haareraufen. Vor allem ein psychologischer Effekt: Hat man einmal so einen Aussetzer miterlebt, wartet man ganz automatisch auf den nächsten, ob er nun kommt oder nicht. Eine Ablenkung, die es a) nicht braucht und b) mittlerweile ja irgendwie gelöst scheint.
Die Fernbedienung scheint beim Design des Move BT nicht gerade ganz oben auf der Agenda gestanden zu haben. Die kleine Klappe, hinter der sich der USB-Stecker verbirgt, ist aus unpraktischem Gummi, die Knöpfe sind nicht sonderlich vertrauenserweckend. Siri funktioniert mit der Remote aber genauso wie das Annehmen und Ablehnen von Telefonaten. Die versprochene Batterielaufzeit von 20 Stunden scheint mir etwas geflunkert zu sein, was aber kein Problem ist. Laborwerte sind eh für die Katz’, und der Akku hält trotz allem lange, wirklich sehr lange durch.
Zwischenfazit: Der Move BT ist eine ziemlich eindeutige Kaufempfehlung. Der Preis ist mehr als ok, der Klang überzeugend und wer weiß: Die Dropout-Rate mag bei anderen Telefonen viel besser sein. Menschen mit Androids freuen sich außerdem über aptX, also eine noch bessere Klangqualität.
Dann die Nöpsis in die Ecke und den Mute BT aufgesetzt.
Mute BT
Auch beim Thema Noise Cancelling lässt sich mittlerweile in vielen Preisstufen die vermeintlich richtige Lösung finden. 200 Euro für den Mute BT: Das sind aber immer noch 100 Euro weniger als die kabellose Lösung des Platzhirschen bzw. 150 Euro weniger als die Mini-Philharmonie von Sony.
Bei 200 Euro verzichtet Teufel auf Sperenzien wie die Bedienung des Kopfhörers über berührungsempfindliche Ohrmuscheln. Ich persönlich empfinde das als Segen, weil es oft genug einfach nicht zuverlässig funktioniert, auch wenn das spontane „Öffnen“ der Kopfhörer so entfällt. Die Verarbeitung und Materialwahl geht verglichen mit dem Preispunkt vollkommen in Ordnung, auch wenn das Plastik ab und an schon deutlich knarzt, wenn man den Bügel zurechtrückt. Die Bluetooth-Verbindung zum Telefon ist beim Mute BT deutlich verlässlicher als bei seinem InEar-Bruder und auch die Geräuschunterdrückung kann überzeugen, auch wenn sie nicht ganz auf Bose-Niveau ist – meiner einzigen Vergleichsreferenz aus der jüngeren Vergangenheit. Dem rauschenden Alltag kann man mit dem Mute BT dennoch problemlos entfliehen, und genau darum geht es ja. Teufel schreibt dem Bügelkopfhörer eine Akkulaufzeit von bis zu 28 Stunden ins Handbuch – aufladen musste ich den in den vergangenen Wochen nicht einmal, der Wert scheint also realistisch. Bonus: Man kann den Akku einfach austauschen.
Köpfe sind unterschiedlich und nicht jede Filigrantechnik passt auf jeden Quadratschädel.
Wirklich anfreunden konnte ich mich mit dem Mute BT dennoch nicht. Da ist zunächst die Passform der geschlossenen Kopfhörers, dessen Ohrmuscheln mir einfach zu sehr auf die Ohren drückten und drücken. Man kennt das ja: Köpfe sind unterschiedlich, nicht jede Filigrantechnik passt auf jeden Quadratschädel. Das gilt es – Geräuschunterdrückung hin oder her – bei jedem Kopfhörer zuvor auszuprobieren. Viel mehr zu schaffen machte mir aber das Tuning des Mute BT. Ich hatte oben ja schon erwähnt, dass ich nicht sonderlich auf Anschlag-Bass stehe und genau den liefert dieser Kopfhörer. Nicht nur markerschütternd heftig, sondern dabei auch relativ undifferenziert. Auch die tiefen Mitten sind eher sekundenkleberig. Was sehr schade ist, denn der Rest des Frequenzspektrums ist überraschend klar und liefert in den Mitten und Höhen viele Details, die man in dieser Preisklasse nicht unbedingt erwarten würde. Größter Kritikpunkt ist und bleibt jedoch der Bass. Ich will nicht bei jeder Bassdrum einen in die Magengrube und bei jeder Bassline Schwindel haben. Genau dieses Tuning wird vielen Menschen sensationell gut gefallen, mir aber machen die 40mm-Mylar-Treiber keinen Spaß. Ein bisschen besser wird der Klang für mich, wenn man das Noise Cancelling einfach ausschaltet. Dank der geschlossenen Bauweise bleibt ein Großteil der Umwelt damit immer noch außen vor und der Mute BT klingt ein bisschen luftiger.
Die Kernaufgabe und das Alleinstellungsmerkmal – die Geräuschunterdrückung – erledigt der Mute BT überzeugend. Beim Rest, wie bei Kopfhörern generell, gilt: Geschmacksache. Über Klang zu schreiben ist ungefähr so objektiv, wie die Qualität eines 3-Gänge-Menüs anhand einer Inspektion der Mülltonne am Morgen danach beurteilen zu wollen. Die beiden Kopfhörer von Teufel haben bei mir einen durchaus guten Eindruck hinterlassen. Den Rest klärt ihr bitte mit euren Ohren.